Wie nach den zahlreichen Vorbestellungen zu erwarten war, herrschte am Freitagabend großer Andrang im Literaturhaus: Wir begrüßten den bekannten Schriftsteller Christoph Hein im Rahmen eines Festival-Specials. An den Lese- und Gesprächstisch lud der Publizist Hans-Peter Lühr, der die Veranstaltung moderierte.
Anhand ausgewählter Textpassagen nahm Christoph Hein ein gebanntes Publikum mit in die Lebens- und Arbeitswelt seines 59jährigen Protagonisten Rüdiger Stolzenburg, der sich als Akademiker mit halber Stelle am kulturwissenschaftlichen Institut über Wasser hält. Sein Forschungsprojekt stagniert und das Finanzamt sitzt ihm mit einer Steuerrückforderung im Nacken...
In der anschließenden Diskussion gab es vor allem Fragen und Anmerkungen zur Hochschulpolitik und der mitunter prekären Lage kulturwissenschaftlicher Institutionen, auch im Zuge der Exzellenz-initiativen. An dieser Schwerpunktsetzung wurde deutlich, wie unterschiedlich die Leser ihre Schwerpunkte bei der Rezeption eines literarischen Werkes setzen.
Aus aktuellem Anlass hatte Hans-Peter Lühr noch einen Hein-Text von 1991 im Gepäck. Unter dem Titel "Wir haben Angst zu verarmen" heißt es dort: "Nein, wir sind nicht ausländerfeindlich. Wir haben keine Angst
vor eurer Hautfarbe oder Religion, und eure uns fremde Kultur achten
wir und interessieren uns sehr für sie. Aber wir hassen die Armut." Der Wiedererkennungswert des Textinhaltes und die traurige Tatsache, dass sich in manchen Köpfen innerhalb von 14 Jahren nichts geändert zu haben scheint, machte die Zuhörer betroffen. Der Moderator führte Autor und Publikum auf angenehme Art durch einen kurzweiligen und zum Nach- und Weiterdenken anregenden Abend.