Wednesday 4 March 2015

"Verlorene Heimat - 1945/ 2015. Vertreibung und Flucht als Erfahrung und Erinnerung"

...unter diesem Titel stand der zweite Abend der Festivalwoche. Die Gäste und auch wir waren gespannt, wie es der Referent Dr. Justus H. Ulbricht wohl schaffen würde, den Bogen vom Kriegsende zur aktuellen Thematik der zunehmenden Flüchtlingsströme zu spannen und ob eine Antwort auf die Frage "Was ist Heimat?" gegeben würde.


An den Anfang seines Vortrages stellte der Historiker und Germanist zwei literarische Zeugnisse: Das „Marschlied 1945“ von Erich Kästner und Max Herrmann-Neißes Gedicht „Heimatlos“. Ausgehend von der These „Zukunft braucht Herkunft“ erklärte Ulbricht, dass der Begriff der Heimat als zentrales Element und Hilfsmittel zur Brückenbildung zwischen den Jahren 1945 und 2015 dient. Vom exklusiven Heimatverständnis vieler Sachsen, wobei die brüchige Historie des Freistaates oft verdrängt werde, baute er eine Brücke zur Gegenwart - denn ein großer Teil der heute in Sachsen Lebenden, hat persönliche Flüchtlingsgeschichten.


In der SBZ werden Flüchtlinge und Vertriebene ab 1946 offiziell als „Umsiedler“ bezeichnet - ein klarer Widerspruch zur misslungenen Integration. Im westlichen Deutschland entstehen Landsmannschaften als Plattform für kulturellen Austausch, deren politische Orientierung jedoch teilweise sehr fragwürdig ist. Für manche ist dabei Heimat die Welt der Kindheit, für andere eine Zukunft. Der Terminus Heimat sei sehr wohl in andere Sprachen übersetzbar, so der Referent - Herkunft als Standort und Sinnsuche. Die Aktualität dieser Funktion zeigt sich auch in seinen Asyldebatten, worin er historische Fakten in Bezug zu heutigen Verpflichtungen der Kommunen, beispielsweise der Aufnahme- und Betreuungspflicht von Asylsuchenden, setzt.
In der anschließenden lebhaften Diskussionsrunde berichtete das Publikum von persönlichen Geschichten. Ein Gast präsentierte sogar seinen 1946 ausgestellten „Umsiedlerpass".
Wir danken dem Publikum für die sehr rege Diskussion und dem Referenten Dr. Justus H. Ulbricht für seinen äußerst gelungenen und informativen Vortrag.
 

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